Montag, 8. Juni 2009

Zeitenwende – Was hält die Gesellschaft noch zusammen?



Die Krise scheint noch nicht in ihrem vollen Ausmaß erkennbar zu sein. Es wird in Deutschland fleißig konsumiert, Wirtschaftsinstitute sagen gar das Ende der Talsohle voraus. Wer jedoch feiner ins gesellschaftliche Gewebe hineinsieht, kann die Haarrisse erkennen, das Knirschen und leise Krachen im Gefüge der sozialen Ordnung vernehmen. So vollzieht sich, nahezu unbemerkt vom Volk, eine stille, untergründige Revolution, ein langsames gesellschaftliches Abgleiten auf einer schiefen Ebene, das niemand aufhält. Da und dort ist schon latente Panik zu verspüren. Wenn dann die Nation keine pathetische Formel mehr bietet, unter der man sich findet: Wie gefährdet wird dann das System sein? Aus der Krise des Kapitals in die Kultur-Krise und weiter in eine Sinn-Krise des Systems, hinein in ein postdemokratisches Zeitalter? Das "Philosophische Quartett" präzisiert die gesellschaftsphilosophischen Fragen, die sich stellen, und sucht nach Antworten. Wendepunkt Wahl Was hält nun die Gesellschaft noch zusammen, außer der gemeinsamen Angst? Darüber diskutieren Peter Sloterdijk und Rüdiger Safranski mit ihren Gästen, der Schriftstellerin Juli Zeh und dem streitbaren Heidelberger Verfassungs- und Steuerrechtler Prof. Dr. Paul Kirchhof. Aus der Finanz- und Wirtschaftskrise wird sich als bitterer Preis der Umstände eine tiefe Kulturkrise entwickeln, so Sloterdijk und Safranski. Dann, wenn die Erosion der sozialen Übereinkünfte augenfällig werden sollte, wenn der gesellschaftliche Zusammenhalt brüchig wird. Noch erscheint die Regierung beherzt auf der Kommandobrücke - aber ist es nicht die Brücke der "Titanic", die hier mit voller Kraft und ohne Kenntnis des sicheren Kurses durch die Eislandschaft gesteuert wird? Nach der Wahl zum Bundestag im September wird vermutlich vieles grundlegend anders zu vernehmen sein: Die Anzahl der Arbeitslosen, so wird schon deutlich, wird dramatisch steigen, die Zusammenbrüche mittlerer und großer Unternehmen scheinen unabwendbar. Steuersenkung? Wohl eher wird das Gegenteil sich einstellen, die Steuer- und Abgabenlasten werden erheblich schwerer, das Armutsrisiko für den bürgerlichen Mittelstand wird in die Höhe schnellen. Die unerhörte Kapitalvernichtung wird letztendlich ein Krisengefühl und Krisenbewusstsein ganz neuer Art auslösen.
Peter Sloterdijk, Rüdiger Safranski und Gästen